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Antiziganismus im „Heimatkurier“

Neues von ganz rechts - September 2023

Die Corona-Proteste haben in Österreich eine Reihe neuer Medienprodukte am rechten Rand hervorgebracht – unter anderem auch den Heimatkurier. Dieser startete im März 2021 als Telegram-Kanal und widmete sich zunächst v.a. der Echtzeit-Begleitung von Corona- und anderen Demonstrationen, taktische Anweisungen für deren Teilnehmer*innen inklusive. Kurz darauf ging auch eine entsprechende Website online.

Von Beginn an war die Verankerung der Plattform im „identitären“ Spektrum augenscheinlich. Im Impressum firmierte zunächst eine Andrea Winkelmayr aus Stadl-Traun (Oberösterreich) als verantwortlich, später Jakob Gunacker von der Identitären-Parallelstruktur Die Österreicher (mit Zustelladresse im Identitären-Keller in Wien-Margareten). Inzwischen zeichnet Philipp Huemer für die Inhalte der Seite verantwortlich. Der im Impressum angeführte Verein hat seinen Sitz im Identitären-Zentrum in Steyregg (OÖ) und führt neben Huemer mit Fabian Rusnjak einen weiteren langjährigen Identitären-Kader als Funktionär. Auch inhaltlich wird mit Vorliebe über aktionistische Interventionen aus dem „identitären“ Spektrum berichtet, oft in Form von „Exklusiv-Interviews“ mit namenlos bleibenden „Aktivisten“. Auch die auf der Seite publizierten Artikel erscheinen grundsätzlich ohne Autorenangabe – „[z]um Schutz vor Repression“, wie es in der Selbstdarstellung heißt. Dort zeigt „[d]ie Redaktion“ sich auch stolz darauf, „durch ihre langjährige Arbeit und Erfahrung mit sämtlichen Akteuren des rechten Lagers und Milieus vernetzt“ zu sein.

In den letzten Monaten hat sich die Hetze gegen Rom*nja und Sinti*zze als besonderes Steckenpferd des Mediums herausgebildet. Laufend weiß man über vermeintliches Fehlverhalten von Angehörigen dieser Volksgruppe zu berichten, die grundsätzlich mit dem pejorativen Z-Begriff benannt wird. Dabei wird systematisch das Stereotyp einer inhärenten und unüberwindbaren Fremdheit bedient: „Fast überall dort, wo die Angehörigen des ‚fahrenden Volkes‘ auf die Gepflogenheiten der Gastländer treffen, beweisen sie unabhängig von ihrer ökonomischen Lebenslage ihre kulturelle Inkompatibilität“, heißt es in einem Telegram-Posting vom 18. April. Am 10. Mai wird nachgelegt: In Dortmund hätten „Z…..“ durch die Abhaltung eines Festes „ihren Herrschaftsanspruch“ markiert – „wie üblich auf Kosten der dort noch verbliebenen Deutschen.“ In Oberösterreich würden Anwohner*innen von einer „umherziehenden Z…..-Karawane“ regelrecht „terrorisiert“ (23. Mai). Auch in Deutschland würden „Z……-Gruppen“ Anrainer*innen „terrorisieren“ (10. Juni). Im selben Beitrag wird kritisiert, dass die deutsche Bundesregierung einen Antiziganismus-Beauftragten ernannt habe. Gleichzeitig wird die Diskriminierung von Rom*nja und Sinti*zze diesen selbst angelastet, indem man insinuiert, ihre „kulturellen Gepflogenheiten“ seien maßgeblich „verantwortlich für die europaweite Ablehnung gegenüber jener Gruppe“.

Auf einen weiteren einschlägigen Beitrag vom 21. Juni folgt nach einer Sommerpause von drei Monaten ein Kommentar zum jüngst erschienenen Bericht über „Antiziganistische Vorfälle in Deutschland“. Erneut wird dabei die Realität antiziganistischer Diskriminierung in Abrede gestellt: Motiv des Berichts sei es, „linke Opfernarrative zur Erpressung von Hilfsgeldern und Sprechverboten“ zu propagieren. Der Bericht wird als „trügerisches Blendwerk“ und „abenteuerliches Z…..märchen“ verunglimpft. Die Zahl von 621 dokumentierten antiziganistischen Vorfällen sei gemessen an der darüber gezeigten öffentlichen Empörung geradezu „lächerlich klein“. Die Behauptung einschlägiger Diskriminierung diene letztlich der „moralische[n] Erpressung gegenüber dem deutschen ‚Tätervolk‘“. Womit der Heimatkurier bei einem seiner zentralen Narrative angelangt ist: dem vermeintlichen „Schuldkult“, mit dem die NS-Nachfolgestaaten niedergehalten werden sollten.

 

 

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