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Herbert Steiner: Die Energie des Liebenswürdigen

Anton Pelinka

Aus: Informationen der Gesellschaft für politische Aufklärung, Nr. 69, Juni 2001

 

Herbert Steiner war so, wie sich ein Antikommunist sicherlich nie einen Kommunisten vorstellt - charmant und tolerant, pragmatisch und offen. Er umarmte (und nicht immer nur bildlich) gerade diejenigen, die Grund zur Annahme hatten, seine politischen Gegner zu sein. Er war, in seinem pluralistischen Verhalten, ein Eurokommunist - Jahre, bevor dieser Begriff in Mode kommen sollte.

Herbert Steiner war ein Forscher, wie er so gar nicht dem Bild des "Elfenbeinturms" entspricht - zielstrebig machte er aus der bis in die 60-er Jahre fast vollständig vernachlässigten Erforschung des österreichischen Widerstandes ein zentrales Forschungsfeld der Geschichts- und der Sozialwissenschaften. Er war der Architekt, ja der Vater der österreichischen Widerstandsforschung. Herbert Steiner war ein "Macher" - ohne die Ideologie eines solchen. Er machte möglich, was andere für unmöglich gehalten hatten. Er setzte vieles und viele in Bewegung, was dann eine Eigendynamik annahm. Er war ein Manager jenseits des "shareholder value" Kapitalismus. Doch der intellektuelle Kurswert der Dinge, die er möglich machte, stieg und stieg und stieg.

Herbert Steiner war ein Mensch, der andere zu begeistern vermochte. Bevor noch die Betriebswirtschaftslehre den (aus guten Gründen zumeist nicht ins Deutsche übersetzten) Begriff des "leaders" (wieder) entdeckte, setzte Steiner in anderen Motive und Fähigkeiten frei, die vielleicht sonst immer verdeckt geblieben wären. Er "führte" durch sein Beispiel; er motivierte durch seine eigene Motivation.

Herbert Steiner war ein einladender Mensch. Er lud - mit Erfolg - Menschen einer anderen Generation und Menschen anderer politischer Überzeugungen ein, sich mit den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen: zum Beispiel mit den Erfahrungen, die letzte Briefe von zum Tode Verurteilten aus dem "Grauen Haus" in Wien vermitteln.

Herbert Steiner war ein eminent interessanter Zeitzeuge - als Jugendlicher aus dem Exil nach Österreich zurückgekehrt, war er Zeuge von Verfolgung und Vertreibung, aber auch des Kalten Krieges und der von diesem bewirkten Verformungen. An diesen war er nicht unbeteiligt - in doppelter Weise: als Betroffener und als einer, der andere zu treffen verstand.

Herbert Steiner hatte durch die Geschichte gelernt, die er hatte erfahren müssen. Und er gab seine Erfahrungen weiter - ohne Dogma; aber mit Überzeugung. Dafür sind viele, sehr viele ihm sehr, sehr dankbar.

 

 

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