Judith Goetz: "Bücher gegen das Vergessen"
Diplomarbeit Universität Wien (Abstract)
Diese Arbeit wurde mit dem Herbert-Steiner-Anerkennungspreis 2011 ausgezeichnet.
Diese Diplomarbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich mit autobiographischen Werken von Kärntner SlowenInnen, die in dem zweisprachigen Kärntner Drava Verlag in der Reihe "Bücher gegen das Vergessen" veröffentlicht wurden, vor dem Hintergrund von theoretischen Überlegungen zur Holocaustautobiographie auseinanderzusetzen.
Das mit dieser Arbeit verbundene Anliegen war es, einen literaturwissenschaftlichen Zugang zu den Werken, die in ihrer Mehrheit über geringe literarische Qualität verfügen, jedoch inhaltlich durchwegs von großer Bedeutung sind, zu ermöglichen. Um eine Sensibilisierung und ein besseres Verständnis der inhaltlichen Bedeutung der autobiographischen Texte zu bewerkstelligen, wurden Begriffe diskutiert, die Aufschluss über das Phänomen "Minderheit" sowie die unterschiedlichen Formen der Diskriminierung der Kärntner SlowenInnen und die lange Geschichte ihrer Benachteiligung geben. Zentrale Anknüpfungspunkte stellten in diesem Zusammenhang die Phänomene "Kärntner Urangst", Antislawismus, Antislowenismus und Deutschnationalismus sowie die Windischen-Theorie dar. In einem eigenen Kapitel wurden zudem die Geschichte der kärntnerslowenischen Minderheit unter besonderer Berücksichtigung ihres Schicksals während des Nationalsozialismus sowie ihre bedeutende Beteiligung am PartisanInnenwiderstand erläutert. Durch diesen Schritt konnten die ausgewählten Werke auch historisch kontextualisiert und die historische Realität bestimmt werden, auf die in den "Büchern gegen das Vergessen" Bezug genommen wird. In diesem Zusammenhang wurde auch eine kritische Bestandsaufnahme der bisherigen Forschungsliteratur zusammengefasst.
Ausgehend von Überlegungen zu Literatur und Holocaust wurden Merkmale festgelegt, die die Holocaustautobiographie kennzeichnen, und die Frage aufgeworfen, ob die ausgewählten Werke von AutorInnen der slowenischen Minderheit über diese Merkmale verfügen und daher als Holocaustautobiographien kategorisiert werden können und sollen. Um die ausgewählten Werke innerhalb der Literaturtradition und -produktion der kärntnerslowenischen Minderheit zu verorten, wurde im historischen Teil der Arbeit nicht nur die Geschichte der kärntnerslowenischen Literatur nachgezeichnet, sondern auch der Umgang mit der slowenischen Sprache sowie die Rahmenbedingungen des zweisprachigen Kultur- und Verlagswesens. Der konkreten Analyse wurden außerdem eine Bestandsaufnahme der bislang publizierten Berichte von Kärntner SlowenInnen sowie Überlegungen zu unterschiedlichen Formen des Gedenkens bzw. Erinnerns und ihrer Bedeutung für die Nachgeborenen vorangestellt.
Auf der theoretischen Grundlage der entwickelten Kriterien der Holocaustautobiographie konnte in weiterer Folge auch die literaturwissenschaftliche Analyse der Werke bewerkstelligt werden. So wurden die formulierten Merkmale in einem analytischen Teil den ausgewählten Werken gegenübergestellt. An Hand von Textbeispielen aus Anton Haderlaps (2008) "Graparji. So haben wir gelebt. Erinnerungen eines Kärntner Slowenen an Frieden und Krieg", Tone Jelens (2007) "Auf den Spuren der Hoffnung. Odyssee eines Kärntner Slowenen 1938-1945", Andrej Kokots (2007) "Das Kind, das ich war. Erinnerungen an die Vertreibung der Slowenen aus Kärnten", Lipej Koleniks (2001) "Für das Leben, gegen den Tod. Mein Weg in den Widerstand", Franc Kukovicas (2008) "Als uns die Sprache verboten wurde. Eine Kindheit in Kärnten (1938-1945)", Karel Prušnik-Gašpers (1984): "Gemsen auf der Lawine. Der Kärntner Partisanenkampf" sowie "Jelka. Aus dem Leben einer Kärntner Partisanin" (2009) wurden gleich mehrere Aspekte deutlich.
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