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Kim Wünschmann: Before Auschwitz: Jewish Prisoners in Nazi Concentration Camps, 1933-1939

Dissertation, Birkbeck, University of London, 2012 (Abstract)

 

Diese Arbeit wurde mit dem Herbert-Steiner-Preis 2014 ausgezeichnet.

 

 

Durch ihren Fokus auf die Konzentrationslager als Orte der Verfolgung der Juden in der Vorkriegszeit untersucht die vorliegende Studie die Mechanismen und Dynamiken der gesellschaftlichen Inklusion und Exklusion während des Nationalsozialismus. Die Konzentrationslager, die gemeinhin mit der späteren Phase des Holocaust, der systematischen Vernichtung der europäischen Juden und Jüdinnen während des Zweiten Weltkrieges, assoziiert werden, spielten in den 1930er-Jahren eine Schlüsselrolle bei den gewaltsamen Versuchen des NS-Regimes, die Gesellschaft im Deutschen Reich in eine rassistische "Volksgemeinschaft" umzuwandeln. Als Instrumente des Terrors markierten sie Juden als Feinde, kriminalisierten, verletzten und töteten sie. Von den etwa 40.000 deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen inhaftierten Juden starben zwischen 2000 und 3000 entweder im Konzentrationslager oder an den Folgen der Gefangenschaft.

 

Durch ihren chronologischen Aufbau kann die Studie drei Phasen in der Geschichte der KZ-Haft von Juden vor dem Zweiten Weltkrieg ausmachen: die Phase der frühen Konzentrationslager 1933-1934, die Phase der Formierung des KZ-Systems zwischen 1934 und 1937 sowie die Phase der Masseninhaftierung von Juden 1938-1939. Die Arbeit analysiert im Einzelnen die Verhaftung von Juden und die verschiedenen "Gründe" für ihre Verschleppung in die Konzentrationslager. Neben politischer Opposition wurden Juden auch aufgrund von antisemitisch verzerrten privaten und wirtschaftlichen Konflikten verhaftet. In einer Anzahl von Fällen waren Denunziationen durch NachbarInnen, GeschäftspartnerInnen oder ehemalige LiebhaberInnen ausschlaggebend für eine Festnahme. In einem zweiten Schritt werden Haftbedingungen und antisemitische Gewalt innerhalb der Konzentrationslager untersucht. Methoden der Lagerverwaltung und der Wachmannschaften, jüdische Häftlinge anhand von äußeren Markierungen an der Kleidung, räumlich getrennter Unterbringung in sogenannten Judenkompagnien und Einteilung in besondere Arbeitskommandos zu markieren, sind Gegenstand eingehender Betrachtung. Als gewaltsame "Sonderbehandlung" sollten diese der Demütigung der Juden und ihrer Absonderung von anderen Inhaftierten dienen.

 

Die Studie beschäftigt sich weiterhin ausführlich mit den Strategien des Widerstands und der Selbstbehauptung jüdischer KZ-Häftlinge. Zudem wird auch die Inhaftierung jüdischer Frauen systematisch behandelt, anhand derer die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Verfolgung beider Geschlechter aufgezeigt werden. Schließlich werden die politischen Ziele hinter den drei großen Wellen der Masseninhaftierung im Jahre 1938 beleuchtet: die Verhaftung österreichischer Juden nach dem "Anschluss", die Verfolgung von Juden als sogenannte "Asoziale" und "Kriminelle" im Sommer 1938 sowie die Masseneinweisung von geschätzt 26.000 Juden in Folge des Novemberpogroms. Anhand dieser Analyse lässt sich die Rolle der Vorkriegskonzentrationslager als Druckmittel zur Auswanderung deutlich erkennen.

 

Dr. Kim Farah Maria Wünschmann, Post-Doctoral Research Fellow der Martin Buber Society of Fellows an der Hebrew University of Jerusalem

 

 

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