Magdalena Glaser: "...wegen mir ist keiner gestorben"
Masterarbeit, Universität Wien, 2022 (Abstract)
Diese Arbeit wurde mit dem Herbert-Steiner-Preis 2022 ausgezeichnet.
Düsseldorf, 30. Juni 1981: Das Urteil des bis dahin längsten Prozesses wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in der Bundesrepublik Deutschland ergeht. Im sog. Düsseldorfer Majdanek-Verfahren wird u.a. Hildegard Lächert, ehemalige Aufseherin des Konzentrations- und Vernichtungslagers Lublin-Majdanek, wegen Beihilfe zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt. Doch die Milde des Urteils hat massive Proteste zur Folge. Dass die „Blutige Brigida“ von Majdanek als Gehilfin davonkommt, scheint in Anbetracht des Ausmaßes ihrer Gewalttaten unverständlich. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit Hildegard Lächert als ehemalige Aufseherin im Auge der NS-Strafverfolgung.
Vor dem Hintergrund stereotypisierter weiblicher Täterschaft in den Nachkriegsdiskursen und den damit anknüpfenden Exkulpationsstrategien werden Lächerts Entschuldungs- und Verteidigungsmuster vor Gericht sowie in der filmischen Darstellung des Verfahrens von Eberhard Fechner in den Blick genommen. Mit dem Ziel, geschlechterspezifische Konnotationen in Hildegard Lächerts Entlastungsstrategien vor dem Düsseldorfer Landgericht sowie in Fechners „Der Prozess“ aufzuspüren, wird einerseits gezeigt, dass die Generierung des eigenen Opferstatus Lächert als Hauptentschuldungsstrategie dient und andererseits, wann dieser Opferstatus zu einem spezifisch und explizit weiblichen wird. Um schließlich das Bild einer Gehilfin und nicht das einer Mit-/Täterin zu zeichnen, macht sich die ehemalige KZ-Aufseherin gesellschaftlich gefestigte Weiblichkeitsbilder geschickt zu nutze.
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