Nichts Neues von rechts? Die manipulative Wiedergabe eines Gerichtsurteils wird auch durch ständige Wiederholung nicht origineller.
Ist das DÖW eine "kommunistische Tarnorganisation" - so aktuell FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl bei der Debatte über das Regierungsprogramm am 10. Jänner 2020, der, als er diese Äußerung nicht zurücknehmen wollte, einen Ordnungsruf von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka erhielt - oder eine "Art Privat-Stasi" und/oder eine "polypenartige Institution", die neben "linksextremer Subversion", "gesinnungsterroristischen Kampagnen" nicht zuletzt "Geschichtsfälschungen und Geschichtsverdrehungen" "betreibt"- und das alles nicht etwa heimlich und verschwiegen, sondern sozusagen gerichtsbekannt?
Seit Mitte Juli 1998 die FPÖ-Abgeordneten Johann Ewald Stadler und Kollegen mit gleich mehreren parlamentarischen Anfragen, in denen das DÖW als "kommunistische Tarnorganisation" und der damalige wissenschaftliche Leiter des DÖW Wolfgang Neugebauer als "Denunziant" (jeweils mit dem Zusatz "laut Gerichtsurteil") bezeichnet wurden, den Anfang machten, taucht das ominöse "Gerichtsurteil" in rechtsextremen Periodika und Flugblättern immer wieder auf - verstärkt seit der Jahreswende 2004/05.
Bei dem so oft zitierten "Gerichtsurteil" handelt es sich um eine Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 4. Mai 1998, in der Aula-Autor Friedrich Romig wegen übler Nachrede rechtskräftig zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt wurde. Bei den von Stadler und Kollegen als "Urteilssprüche" dargestellten Textpassagen handelt es sich auch nicht um Erkenntnisse des Gerichts; die angeführten Zitate wurden 1992 in der Aula veröffentlicht und von Wolfgang Neugebauer eingeklagt, wobei einzelne Passagen vom OLG Wien als straffrei bleibende Werturteile qualifiziert wurden. Nach der gleichen Judikatur wurde beispielsweise, so der damalige Justizminister Nikolaus Michalek in seiner Anfragebeantwortung, "auch die Bezeichnung 'Trottel' für einen österreichischen Politiker unter bestimmten Umständen durch den Schutz der Meinungsfreiheit als gedeckt erachtet".
2008 brachte das DÖW eine Klage gegen Friedrich Romig ein, nachdem dieser in Andreas Mölzers Wochenzeitung Zur Zeit (45/2007) unter dem Titel "Sie lügen fleißig weiter!" einmal mehr zahlreiche unwahre und ehrenrührige Behauptungen aufgestellt hatte. Mit Urteil vom 3. August 2009 stufte das Handelsgericht Wien die von Romig über das DÖW getätigten Behauptungen als ehrenrührig und kreditschädigend ein und sprach sowohl Romig als auch die W3-Verlagsgesellschaft (als Zur Zeit-Medieninhaberin) schuldig. Am 30. November 2009 bestätigte das Oberlandesgericht Wien in einem Berufungsverfahren in der Causa DÖW - Romig das Urteil des Handelsgerichts Wien. Nach Verstreichung letzter Fristen wurde das Urteil im März 2010 rechtskräftig.
Weitere Informationen
- Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der FPÖ-Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Kollegen vom 17. Juli 1998 durch
Bundesminister für Justiz, Dr. Nikolaus Michalek
Bundesminister für Inneres, Dr. Karl Schlögl
Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, Dr. Elisabeth Gehrer