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Politische und organisierte Kriminalität

Neues von ganz rechts - Juli 2023

Wieder einmal sorgt ein riesiger Waffenfund im Übergangsmilieu zwischen Neonazismus und organisierter Kriminalität für Aufregung.1 Amtsbekannte Neonazis, unter anderem aus der ehemaligen Führungsriege von Objekt 21, sollen sich mit Zuhältern, Waffenhändlern und Rockern (Bandidos) zusammengetan haben. Während die Neonazis schon zuvor mit Menschen-, Drogen- und Waffenhändlern zusammenarbeiteten, stellt die Verbindung zu den Bandidos eine neue Qualität dar. Aber schon in der Vergangenheit waren solche Kontakte ins Rockermilieu keine Seltenheit, zuletzt ließ sich gar (vor allem in Wien) die Herausbildung eines gefährlichen Dreiecks aus Neonazismus, Kampfsport und Motoradclubkultur beobachten. Acht Motoradclubs stehen aufgrund ihrer Verstrickungen mit dem Neonazimilieu mittlerweile unter Beobachtung des DÖW. Schon im Dezember 2014 kam es zu 10 Hausdurchsuchungen gegen den Tiroler MC Underground, dessen Logo die Behörden an den SS-Totenkopf erinnerte.2


Auch wenn der weitaus größere Teil der Rocker-Subkultur neonazistischer Verstrickungen unverdächtig ist, so bestehen doch strukturelle Gemeinsam- oder Ähnlichkeiten, die sie für Neonazis attraktiv machen. Neben der Männerbündelei und Kameraderie ist es vor allem die Affirmation von Gewalt, welche die Übergänge erleichtert. Und so war in den letzten Jahren zu beobachten, wie immer mehr ehemalige neonazistische Skinheads sich die Haare wachsen ließen und ins Rockermilieu wechselten. Daneben bilden Neonazis seit geraumer Zeit Gruppen, die an Motoradclubs erinnern sollen – wohl im Glauben, so Schutz vor Repression zu finden. In Vorarlberg gaben sie sich (zwischen 2007 und 2009) als Motorradfreunde Bodensee aus, in Oberösterreich gründeten sie um 2012 die Road Crew, einen Ableger der gleichnamigen deutschen Vereinigung, die Skinheads, Hooligans und Rocker vereint.3 Zumindest ein mutmaßliches Mitglied der jüngst aufgeflogenen Nazi-Rocker-Bande wurde in der Road Crew fanatisiert. Dabei handelt es sich übrigens um jene Gruppe, die den Schutz des rechtsextremen Kongresses „Verteidiger Europas“ 2016 in Linz übernommen hatte. Im Publikum fand sich damals auch ein prominentes Mitglied der Bandidos aus Bayern.

 

Von Blood & Honour

 

Mit Blood & Honour und dessen bewaffneten Arm Combat 18 bildeten sich Ende der 1990er Jahre auch in Österreich jene Strukturen aus, die bis heute für neonazistische Bedrohungen maßgeblich verantwortlich zu machen sind. Sie blieben jedoch nur in Vorarlberg unter diesem Namen dauerhaft bestehen und integrierten hier zu Höchstzeiten bis zu 150 Neonazis. In Oberösterreich wurde Blood & Honour größtenteils als Objekt 21, in Wien als Unsterblich (eine berüchtigte Hooliganbande im Fanmilieu des FK Austria Wien), weitergeführt. Auch hier sind es bis zu 150 Neonazis, die den jeweiligen Gruppierungen zugerechnet werden bzw. wurden.

In Vorarlberg waren die Beziehungen ins Rockermilieu zunächst freundschaftliche, zumindest im Falle der Outsider, einem Motoradclub mit einer langen Geschichte der Bandenkriminalität. Das sollte sich jedoch im Februar 2009 mit einem Schlag ändern: Bei einer Auseinandersetzung zwischen Blood & Honour-Skins und Outsidern im Clublokal der letzteren in Lauterach erlitt ein 20-jähriger Neonazi tödliche Verletzungen, was die NS-Skins nach Rache dürsten ließ.4

 

…zu Objekt 21

 

Die im März 2010 gegründete oberösterreichische Neonazigruppe streckte ihre Fühler früh in die organisierte Kriminalität aus und stand zudem in engem Kontakt mit einschlägigen Gruppen im Osten Deutschlands. Dies gilt insbesondere für die Hausgemeinschaft Jonastal um Steffen Mäder, der 2013 im Objekt 21-Prozess verurteilt wurde. Aus dieser Hausgemeinschaft und vergleichbaren Projekten gingen die Turonen hervor, eine nach dem Vorbild von Rockerbanden gebildeten Neonazi-„Bruderschaft“ in Thüringen, die wie zuvor Objekt 21 spätestens ab 2019 auf Drogen- und Prostitutionsgeschäfte setzte. Zumindest ein Mitglied der Thüringer Bandidos soll in die kriminellen Machenschaften der Turonen verstrickt sein.5


Objekt 21
-Führungskader hatten auch nach den abgebüßten Haftstrafen Kontakte zu „Kameraden“ in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Ein 2017 veröffentlichtes Foto zeigt etwa Manuel Spindler in jenem NS-Unterschlupf in Görschen bei Naumburg, in dem sich ein Jahr später auch ein entflohener Prostituiertenmörder aus Österreich versteckte.6 Und 2018 war er unter den Gästen eines Rechtsrockkonzertes in Thüringen zu finden, bei dem auch die Band Treue Orden rund um den Turonen Thomas Wagner aufgetreten war.

 

 

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